Schon zu Zeit der alten Römer ließ man in Europa dekorativ gestaltete
Windsäcke fliegen, möglicherweise die Vorläufer der späteren Drachen.
Diese könnten im Laufe des 15. Und 16. Jahrhunderts durch Holländische,
portugiesische und englische Kaufleute, die mit den fernen Osten Handel
trieben mitgebracht worden sein.
Unter den ersten Berichten über Drachen in Europa gibt es, aus den Jahre
1589, die von einen Mann namens Della Porta verfaßte Beschreibung eines
Drachens aus China, den dieser für das Emportragen von Laternen, Feuer-
werkskörpern oder gar Tieren für geeignet hielt
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts waren Drachen in ganz Europa verbreitet,
hauptsächlich jedoch als Kinderspielzeug. In Frankreich dagegen steigerte
sich die Begeisterung für Drachenkämpfe bis zur Besessenheit, so daß man
diesen Sport, wegen des Aufruhrs und der Flurschäden, die er verursachte,
im Jahre 1736 verbieten mußte.
Gegen Mitte des 18. Jahrhunderts begann man sich mit den Möglichkeiten
auseinanderzusetzen, Drachen für wissenschaftliche Zwecke einzusetzen.
Zwei Schotten, Thomas Melvill und AlexanderWilson, führten ein Experi-
ment durch, um Temperaturunterschiede in verschiedenen Höhen zu
messen. Dafür ließen sie ein Gespann von sechs Drachen, an denen jeweils
ein Thermometer befestigt war, bis zu einer Höhe von 900 m aufsteigen.
Das vielleicht berühmteste, und leichtsinnigste, Forschungsexperiment
unternahm Benjamin Franklin, der 1752 beweisen wollte, das Blitze
das gleiche wie auf andere Weise erzeugte Elektrizität seien und nicht
etwa der sichtbare Zorn Gottes. Dazu ließ er einen Drachen während eines
heftigen Gewitters aufsteigen. Dieser Versuch ist nicht zur Nachahmung
zu empfehlen.
Der übermächtige Wunsch des Menschen, fliegen zu können,
führte natürlich auch zu Experimenten mit Drachen. Es gab Männer
die sich an der Leine eines Großen stabilen Drachen festzurren ließen,
um von ihn mit in die Luft getragen zu werden. Der Amerikaner
s. F. Cody wurde in diesen Zusammenhang wohl am bekanntesten.
Ein der schillerndsten Figuren unter den Drachenpionieren war
Samuel Franklin Cody ein in England lebender Amerikaner.
1901 erhielt er ein Patent für einen Zweizelligen Kastendrachen
mit Seitenflügeln, der Personen tragen konnte. Eine seiner weiteren
Großtaten war die Kanalüberquerung im Drachenschlepp. Trotz
seines eifrigen Bemühens um die praktische Nutzung seiner Erfindungen
durch das Militär wurde er – wegen seiner langen Haare und seines
unkonventionellen Auftreten in Wildwest-Manier- nicht ernst genommen.
Dennoch erhielt er 1906 in Farnborough, wo er seine Cody-Militärdrachen
baut, den Offiziersrang. Er war auch der erste in Britannien, der ein Flug-
zeug flog. 1913 starb er, als er bei einen Luftrennen rund um England mit
einem von ihm gebauten Wasserflugzeug abstürzte.
Schon lange hatte man beobachtet, das ein Drachen, so bald er
Stabil in der Luft liegt, einen kräftigen Zug auf die Leine ausübt.
Während des letzten Jahrhunderts begann man damit, sich diese
Eigenschaft zunutze zu machen. 1826 ließ der Engländer
Georg Pocock eine Erfindung patentieren, bei der zwei oder meh-
rere große Drachen ein „Char-volant“, eine leichte Kutsche, zogen.
Andere griffen diese Idee auf, und am Ende des Jahrhunderts setzte
man Drachen bereits für die mannigfaltigsten Zwecke ein, z.B. um
Torpedos gegen ein schwimmendes Ziel Auf dem Wasser zu schleppen
oder ein Kabel über eine Schlucht des Niagara River zu ziehen.